Schon gewusst, dass Teleshopping zu Beginn der 1980er Jahre etabliert wurde? Oder dass Livestreaming erst durch die Gamingbranche an Popularität gewann? Oder dass Netflix bereits im Jahr 1997 gegründet worden ist? Die Historie von Streaming Media ist so turbulent und spannend wie die Etablierung des Internets. Beides entwickelte sich Hand in Hand weiter. Erfahre in diesem Beitrag viele wissenswerte Fakten über 45 Jahre Streaming-Media-Geschichte.
Inhaltsverzeichnis
+- Was ist Streaming Media?
- Ist Streaming Media kostenpflichtig?
- Streaming Media: Von Teleshopping bis TikTok
- Teleshopping-Ursprung: Wie alles begann …
- Die Geburt des Internets
- Die erste Webcam und Teleshopping-TV
- Erster Streaming-Media-Boom und Netflix
- Internet-Ökonomie kriselt, aber Napster und Skype kommen
- YouTube, Zattoo und Computerspiele
- Der erste Internet-Wahlkampf und Twitch geht live
- Media Streaming Devices erobern den Markt
- Mehr technische Möglichkeiten mit 4K, Mobile und Social Media
- Streit um die Lizenzen und wer jetzt alles live streamt
- Was damals Teleshopping war, ist heute Livestream Shopping
- Künstliche Intelligenz in den Streaming Media im Aufwind
Was ist Streaming Media?
Bei den Streaming Media werden Audio und Video übers Internet gestreamt und konsumiert. Handelt es sich um ein Live-Angebot, nennen wir es Livestreaming. Ein Download findet hier demnach nicht statt. Wir sprechen auch von Streaming, wenn wir Video-on-Demand-Angebote auf Netflix oder in Mediatheken ansehen. Hören wir Podcasts oder Musik über Spotify, streamen wir ebenso. Schauen wir ein YouTube-Video auf dem Smartphone, streamen wir auch. Prinzipiell ist also alles das Streaming Media, was übers Internet mittels einer direkten Netz-Verbindung zwischen Sender und Empfänger ohne Download als Audio oder Video konsumiert wird. Die klassischen, linearen Angebote von TV und Hörfunk zählen nicht zu den Streaming Media, weil sie nicht über das Internet laufen, sondern über Kabel, Satellit oder Antenne. Wer selber (live) streamen möchte, benötigt eine geeignete Software beziehungsweise einen Social-Media-Account und/oder passende Hardware-Produkte.
Ist Streaming Media kostenpflichtig?
Ob Streaming Media heute kostenfrei oder kostenpflichtig ist, kommt darauf an, wo und was gestreamt wird. Die meisten Streaming-Anbieter wie Netflix, Amazon Prime, Disney+ und Co. bieten ihre Inhalte über monatliche Bezahlabos an. Die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen TV-Sender in Deutschland sind kostenfrei. Dafür zahlt man einen monatlichen Rundfunkbeitrag. Die Social-Media-Kanäle sind in der Regel kostenfrei, man benötigt lediglich eine Registrierung, um die Inhalte zu konsumieren. Wer hier selbst live streamen möchte, muss sich beispielsweise bei YouTube oder Vimeo über die jeweiligen Bezahlaccounts informieren. Speziell fürs Livestreaming entwickelte Software kostet in der Regel monatliche oder jährliche Beiträge, weil hier eine professionelle Entwicklung dahinter steht.
Streaming Media: Von Teleshopping bis TikTok
Alles begann mit einer Notlösung. Als Geburtsstunde des Teleshopping gilt das Jahr 1977, als Dosenöffner in einer Radioshow verkauft wurden. Im Vergleich zu heute erscheint uns das etwas „oldschool“. Denn wir bewegen uns täglich und selbstverständlich im Internet. Wir streamen live, konsumieren über Social Media oder shoppen übers Netz. Dass Streaming Media ohne das Internet nicht funktionieren würde, ist klar. In dieser Auflistung geschichtlicher Ereignisse wird deutlich, welche wichtige Rolle Liveübertragungen für das Internet hatten und haben.
(Anm. d. Red.: Die folgende Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Stand: Mai 2022)
Teleshopping-Ursprung: Wie alles begann …
1977: Als Pionier der Home Shopping Industrie gilt Bob Circosta. Er verkaufte für den Verwalter des Radiosenders Lowell Paxson Dosenöffner in einer Radiosendung und verzeichnete einen riesigen Erfolg. Hier liegt der Ursprung des Teleshopping.
1982: Homeshopping bzw. Teleshopping wird populär. Lowell Paxson gründet zusammen mit Roy Speer den Home Shopping Channel (HSC), ein regionaler TV-Sender. Drei Jahre später expandiert dieser und heißt dann Home Shopping Network (HSN).
1984: An der Universität Karlsruhe empfängt man die erste E-Mail in Deutschland. Weitere chronologisch angeordnete Ereignisse aus der Geschichte des Internets gibt es hier.
Die Geburt des Internets
1989: Dieses Jahr steht für den Start des Internets. Der britische Wissenschaftler Tim Berners-Lee erfand das World Wide Web, als er bei CERN arbeitete. In Deutschland gibt es erste Anschlüsse. Zunächst nutzen nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Internet an Universitäten. Das hier ist die erste Website der Welt: http://info.cern.ch/.
1990: Das Internet wird kommerzialisiert. Die Cebit in Hannover präsentiert erste Modems. Der Begriff der „New Economy„ erhält immer mehr Aufmerksamkeit. In der New York Times gab es dazu allerdings schon im Jahr 1983 eine Story.
1992: Multicast Backbone, auch MBone genannt, wurde entwickelt und für Audio- und Videokonferenzen eingesetzt. IP-Multicasting ist heute kaum noch in Verwendung.
Die erste Webcam und Teleshopping-TV
1992: Eine Firma (ATM Networks) stellt erstmals Bild und Ton live ins Netz. Die „Trojan-Room-Kaffeemaschine“ kann als erste Webcam gelten. Diese zeigte den Füllstand der Kaffeemaschine an. Eine Kamera nahm dreimal pro Minute ein Bild auf und übertrug mittels eigens geschriebener Software das Bild ins Internet.
1995: Info-Radio Berlin-Brandenburg (gegründet von ORB und SFB) und TU Berlin veranstalten Streaming-Media-Dienst „Info-Radio on Demand“.
1996: Teleshopping-Sender QVC, ursprünglich aus den USA, ist jetzt auch in Deutschland vertreten. Empfangen werden die Dauerwerbesendungen in Deutschland über Satellit, Kabel, IP-TV und DVB-T2 HD.
1997: Radio SAW sendet Livestreams im Internet als einer der ersten Radiosender in Deutschland.
Erster Streaming-Media-Boom und Netflix
1997: Netflix, heute als einer der bekanntesten On-Demand-Streaming-Dienste in aller Munde, wurde gegründet. Das Unternehmen ging zunächst als Online-Videothek auf den Markt und schickte DVDs und Blue-rays per Post an die Abonnentinnen und Abonnenten.
1998: Anfänge des Streaming-Media-Boom, jedoch erreichte Streaming den Massenmarkt noch nicht, weil die technischen Möglichkeiten noch nicht gegeben und die Zugangskosten zum Internet noch zu hoch waren.
1999: Das NetAid-Konzert zählt zu den ersten Multimedia-Großveranstaltungen und wurde analog durchgeführt, in Hörfunk und Fernsehen übertragen und gleichzeitig im Internet gestreamt. Jedoch gab es aufgrund der Streaming-Qualität viel negatives Feedback seitens der Internet-Zuschauerinnen und Zuschauer.
Internet-Ökonomie kriselt, aber Napster und Skype kommen
2000: Es kriselt in der Internet- und Streaming-Media-Branche. Viele Angebote werden eingestellt, weil sie sich nicht refinanzieren. Der Begriff New Economy transformiert sich. Streaming-Technologien werden neu bewertet, Start-ups gingen pleite.
2000: Die damals zweite Staffel von Big Brother konnten Internetuser als erstes Pay-per-view-Ereignis in Deutschland sehen. Angeblich war dies nach den Clinton-Tapes das zweitgrößte Streaming-Projekt weltweit.
2001: Pornografische Livestreaming-Plattformen wie beispielsweise LiveJasmin und später viele weitere etablierten sich.
2002: Musik-Streaming wird mit Napster immer populärer.
2003: Mit Skype sind nun Videokonferenzen bzw. Internet-Telefonie möglich. Später wird Skype von Microsoft gekauft.
2003: iTunes Store geht an den Start. Breitbandportal T-Online Vision von T-Online zeigt Filme als Streaming-Media-Angebote bzw. als Download-Option kostenpflichtig.
YouTube, Zattoo und Computerspiele
2003: Einführung von UMTS machte Streaming und Internetnutzung auf mobilen Endgeräten möglich.
2004: Schon in diesem Jahr wird das Livevideo-Streaming-Tool Wirecast gegründet. Der Service ist damit Vorreiter in diesem Bereich.
2005: YouTube geht an den Start. Ab 2009 gibt es die Möglichkeit von Liveübertragungen. In 2011 können Partner Livestreaming für sich freischalten. Ab 2013 ist dies für alle Nutzer möglich.
2005: Zu Wartungszwecken aus der Ferne wurde TeamViewer etabliert. So konnten Computerscreens geteilt und bearbeitet werden, ohne vor Ort zu sein.
2005: Gründung von Zattoo, einer Internet-Fernseh-Plattform, die die Inhalte übers Internet bereitstellt. Zattoo ist Pionier im Bereich TV-Streaming.
2007: Justin.tv etablierte sich als Website, mit der man Videos als Livestreams ins Internet übertragen konnte. Dazu zählten auch Übertragungen von Computerspielen.
2007: Auch Netflix konzentriert das Angebot jetzt auf Video-on-Demand als Streaming-Media-Angebot.
Der erste Internet-Wahlkampf und Twitch geht live
2008: Barack Obama nutzte die Neuen Medien, also Online-Medien wie E-Mails, YouTube oder Facebook, gezielt für seinen Wahlkampf. Manche Medien bezeichneten dies als „Internet-Wahlkampf“ , in Deutschland damals undenkbar.
2011: Twitch geht online und übernimmt die Computerspielübertragungen von Justin.tv. Das Livestreaming-Videoportal wird vor allem für Videospiel-Streams inklusive live Chat-Interaktionen genutzt. 2014 übernimmt Amazon das Unternehmen. Die Erfolgsgeschichte hält bis 2022 an. Allgemein werden Cloud-Gaming-Dienste immer populärer.
2011: Gründung der Plattform YouNow – diese ging aus der Streaming-Plattform blogTV hervor. YouNow ist vor allem bei jüngeren Streamern und Zuschauerinnen beliebt. „Vlogging“ wird zum Trend.
Media Streaming Devices erobern den Markt
2012: Die freie OBS-Software (Open Broadcaster Software) erscheint. Dies ist ein Open-Source-Projekt, das in 2014 weiterentwickelt wurde.
2012: Auch der Livestreaming- und Videomixing-Service XSplit wird etabliert. In 2012 ist es XSplit Broadcaster, in 2013 kommt XSplit Gamecaster hinzu.
2013: Xbox und PlaySation haben Livestreaming schon implementiert. Die Plattform Hitbox.tv kommt auf den Markt. Sie wird für Computerspiele-Livestreams verwendet.
2013: Gründung von Patreon, einem Social-Payment-Service. Vor allem Blogger, Videoproduzenten oder Podcaster nutzen diesen Service.
2013: Studien zur Internetwirtschaft in Deutschland erscheinen. Es geht um den ökonomischen Nutzen des Internets. Prognosen deuten auf Wachstum.
Mehr technische Möglichkeiten mit 4K, Mobile und Social Media
2014: Die weltweit erste Livestream-Übertragung in 4K-Auflösung hat stattgefunden. Das war die Aufführung von Verdis Nabucco aus der Wiener Staatsoper – hier mehr Infos lesen.
2014: Amazon kauft Twitch für 970 Millionen US-Dollar. In diesem Jahr wird zudem „Twitch Plays Pokémon“ erfolgreich. Hier konnten Nutzer Pokémon-Videospiele gemeinsam spielen.
2015: Der Erfolg der Computerspiele-Livestreams setzt sich fort. Mixer von Microsoft kommt auf den Markt. E-Sport wird populärer. Auch Cloud-Gaming wie beispielsweise Shadow, Google Stadia, xCloud, GeForce Now oder PlayStation Now gewinnen an Bedeutung.
2015: Abseits der Gaming-Szene etablieren sich andere Livestreaming-Plattformen wie zum Beispiel Periscope. Das war eine mobile Applikation, die in Echtzeit übertragen konnte. Der Dienst wird noch im selben Jahr von Twitter übernommen und wenige Jahre später (2020/2021) eingestellt.
2015: Contentflow wird gegründet. Contentflow ist ein professioneller Anbieter von Produktion und eigens entwickelter Livestreaming-Software inklusive Multistreaming-Optionen.
2016: Gründung des Videoportals TikTok – die App aus China, früher musical.ly, war und ist vor allem bei jüngeren Generationen beliebt, stand aber häufig in der Kritik.
2017: Facebook führt die Funktion Facebook Watch ein.
Streit um die Lizenzen und wer jetzt alles live streamt
2017: Einige Landesmedienanstalten in Deutschland verkünden, dass regelmäßige, redaktionelle Livestreams als Rundfunk gelten und eine Rundfunklizenz brauchen. Mittlerweile wurde der Medienstaatsvertrag angepasst, es wird nicht für jeden Livestream eine Lizenz benötigt.
2018: Immer häufiger nutzen Prominente Livestreaming. So wie neben vielen anderen auch Snoop Dogg, der sich selbst über Twitch streamte und Schlagzeilen machte, weil er nur vermeintlich an einem Online-Game mitspielte …
2018: Journalistinnen und Journalisten nutzen Livestreaming vermehrt für die Live-Berichterstattung.
2019: Populärer Gamer „Drachenlord“ darf wegen fehlender Rundfunklizenz nicht mehr streamen, weil der Stream meinungsbildend sei.
2020: In der Eventbranche findet ein Umdenken statt. Immer mehr digitale und hybride Veranstaltungen werden aufgrund der Pandemie-Situation durchgeführt. Auch in der Politik wird immer mehr über Livestreaming aus Parlamenten und Rathäusern diskutiert.
Was damals Teleshopping war, ist heute Livestream Shopping
2021: Was in Asien schon längst alltäglich ist, kommt in Europa langsam an: Livestream Shopping – oder das moderne Teleshopping. Update: In 2023 ist zu beobachten, dass sich Liveshopping eher nicht als Megatrend in Europa durchsetzen wird.
2022: Zattoos TV-Streaming-Report 2022 zeigt, dass Internet-TV zahlenmäßig erstmals vor linearer TV-Nutzung ist.
Künstliche Intelligenz in den Streaming Media im Aufwind
2023: KI kommt in den verschiedensten Bereichen in der Mainstreamnutzung an. Das hat auch Einfluss aufs Livestreaming – mit CGI-Showrooms, automatisierten Untertiteln oder Inhaltsmoderation, Spracherkennung, Avatare und vielem mehr.
2023: Elon Musk nennt Twitter in „X“ um. Das Portal erhält zudem ein neues Logodesign. Wirtschaftlich gesehen läuft es nicht gut, die Marke soll komplett verändert werden, so berichtet die tagesschau.