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Betriebsratssitzungen können unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin digital stattfinden, Betriebsversammlungen jedoch nicht. Das regelt jetzt das „Betriebsrätemodernisierungsgesetz“. Die vorübergehende Sonderregelung ist weggefallen. Worauf man bei einer digitalen Betriebsratssitzung achten muss und welche gesetzlichen Anpassungen es jüngst gab, erklärt dieser Artikel. [Stand der rechtlichen Rahmenbedingungen: 09.11.2021]

 

Eine digitale Betriebsratssitzung als Livestream anzubieten, hat einige Vorteile. Der offensichtlichste ist das Erreichen und die einfache Teilnahme aller Personen, auch wenn sie räumlich weit voneinander getrennt sind. Die Teilnahme erfordert lediglich einen Internetzugang und ein digitales Endgerät. Auch rechtsgültige Beschlüsse sind möglich. Die Entscheidung, ob eine Betriebsratssitzung online oder vor Ort stattfindet, trifft alleine der Betriebsrat, nicht der Arbeitgeber. Mit Livestreaming verstoßen Betriebsräte nicht gegen illegale Aufzeichnungen. Der Weg bis hierhin führte erst einmal über einige Gesetzesanpassungen.

Was rechtlich bisher geschah

Die damals zunächst bis zum 31.12.2020 gültige, neu ins Leben gerufene Sonderregelung – festgehalten in § 129 BetrVG – regelte die Möglichkeiten zur Beschlussfassung für Betriebsräte über Video- oder Telefonkonferenzen. Dieser Paragraph wurde nach Ablauf direkt noch einmal bis zum 30.06.2021 verlängert. Betriebsräte konnten also weiterhin mit virtuellen Betriebsratssitzungen und -versammlungen planen. Im Anschluss wurden Stimmen laut, dass aus einer Sonderregelung doch ein fest etablierter rechtlicher Rahmen geschaffen werden solle, der langfristig Planungssicherheit schafft. Zum 01.07.2021 wurde daraufhin der § 129 BetrVG wieder aufgehoben. Das Betriebsverfassungsgesetz § 129 ist damit weggefallen. Betriebsversammlungen können nun nicht mehr online stattfinden, was auf einige Kritik gestoßen ist. Die Betriebsräte sind jetzt dazu gezwungen, Corona-konforme Lösungen anzubieten.

Achtung: Angesichts der sich aktuell ständig verändernden Corona-Regeln und Rechtsgrundlagen sollten Betriebsräte immer ein Auge darauf haben, was derzeit als rechtskonform gilt und was nicht.

Neu ist: § 30 BetrVG

Jetzt hält der neue § 30 BetrVG die rechtlichen Regeln für Betriebsratsitzungen fest. Dieser Paragraph besagt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um Betriebsratssitzungen digital oder in hybrider Form abhalten zu können. Die Präsenzsitzung hat aber weiterhin Vorrang. Eine Zusammenfassung der Voraussetzungen und Anforderungen lässt sich hier nachlesen.

„Das ist wirklich ein Schritt in Richtung moderne Betriebsratsarbeit: Betriebsräte können unter Wahrung des Vorrangs der Präsenzsitzung Sitzungen mittels Video- und Telefonkonferenz durchführen. Die Rahmenbedingungen hierfür setzen sie ausschließlich selbst!“ (Anna Hackner, Juristin und Betriebsratsvorsitzende beim ifb – Institut zur Fortbildung von Betriebsräten. Quelle: ifb)

Sollten alle Punkte für eine virtuelle Betriebsratssitzung erfüllt sein, sind die folgenden Dinge zu beachten:

So gelingt eine digitale Betriebsratssitzung

Damit Planung und Umsetzung auch gut gelingen, erfährst Du hier fünf Punkte, die besonders wichtig sind. Dazu zählen die rechtlichen Rahmenbedingungen genauso wie die richtige Vorbereitung, eine sicher funktionierende Technik und ein inhaltlich durchdachter Ablaufplan. Die folgenden Punkte gelten ebenso für das Abhalten einer digitalen Betriebsversammlung, sofern es zukünftig die rechtlichen Grundlagen doch noch erlauben sollten.

1. Rechtliche Rahmenbedingungen einhalten

In erster Linie müssen die Rechtsgrundlagen eingehalten werden. Wie bereits erklärt, sind diese in § 30 BetrVG langfristig geregelt. Die Entscheidung, ob eine Betriebsratssitzung in digitaler oder hybrider Form stattfindet, obliegt dem Betriebsrat. Wichtig zu wissen ist, dass der Arbeitgeber hier keine Entscheidungsbefugnis hat, ebenso darf er keinen Einfluss nehmen, was die Kosten angeht. Er darf eine Präsenzveranstaltung nicht absagen, weil diese zu teuer werden würde.

Voraussetzungen in aller Kürze:

  • Vorhandensein einer Geschäftsordnung
  • Kein Widerspruch von mindestens 1/4 der Mitglieder
  • Gewährleistung der Nichtöffentlichkeit

2. Datenschutz & Vertraulichkeit

Digitale Betriebsratssitzung

Foto: LinkedIn Sales Solutions/ Unsplash

Ein weiterer wichtiger Punkt die rechtlichen Grundlagen betreffend ist der Datenschutz. Um eine Betriebsratssitzung digital zu streamen, müssen alle Beteiligten sicherstellen, dass sie alleine in einem Raum sitzen. Dritte dürfen nicht teilnehmen. Betriebsratssitzungen sind nicht öffentlich stattfindende und somit vertrauliche Veranstaltungen – das gilt gleichermaßen für Präsenzveranstaltungen als auch für den digitalen Raum. Das Streaming darf auch nicht aufgezeichnet und zu einem späteren Zeitpunkt weiteren Personen bereitgestellt werden. Die Erstellung von Screenshots ist ebenso nicht erlaubt. Somit eignet sich technischerseits ausschließlich ein Livestreaming-Service, der DSGVO-konform ist.

3. Einladungen & Bestätigungen

Die Einladung muss kommunizieren, in welcher Form die geplante Betriebsratssitzung stattfinden wird. Außerdem müssen alle eingeladenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit haben, fristgerecht der Teilnahme an einer Video- oder Telefonkonferenz zu widersprechen. Zudem gibt es auch digitale Optionen von Anwesenheitslisten. Diese funktionieren entweder über den Chat oder über eine andere elektronische Textform zu Beginn der Sitzung. Das nennt sich dann Teilnahmebestätigung und nicht Anwesenheitsliste – wie in diesem Beitrag beschrieben.

4. Funktionierende Technik

Um einer digitalen oder hybrid angelegten Betriebsratssitzung gut folgen zu können, sollte die Technik einwandfrei funktionieren. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer benötigen eine stabile Internetverbindung. Die Veranstalter setzen am besten einen Livestreaming-Service ein, der vertrauenswürdig ist und gegebenenfalls bei auftretenden Problemen helfen kann. Es muss außerdem sichergestellt sein, dass alle Personen in guter Qualität sichtbar und hörbar sind. Eine Chat-Funktion hat viele Vorteile, wobei auch hier wichtig ist, dass ein Chat-Verlauf im Nachhinein nicht ungewollt irgendwo abgespeichert wird. Wer Livestreaming und Produktion aus einer Hand haben möchte, informiert sich hier über die wichtigsten Funktionen von professionellen Livestreaming-Anbietern. Es ist ratsam, vor der Sitzung einen technischen Test durchzuführen.

5. Gut konzipierter inhaltlicher Ablauf

Die Betriebsräte, die eine digitale oder hybride Betriebsratssitzung abhalten, sollten darauf achten, das Ganze in einer angenehmen Atmosphäre zu gestalten. Dazu gehören ein übersichtlich, nicht zu aufwendig konzipierter Ablaufplan, eine gute Moderation, mögliche interaktive Elemente – und Pausen. Das gilt übrigens vor allem für Versammlungen, also digitale Veranstaltungen, an denen viele Personen teilnehmen. Eine vorstellbare Länge für eine digitale Betriebsratssitzung wäre zum Beispiel zwei Stunden. Wie man Nutzer am besten interaktiv einbinden kann, ist hier beschrieben. Für digitale Betriebsratssitzungen ist vor allem die Beschlussfassung interessant. Das funktioniert natürlich auch auf dem elektronischen Weg, zum Beispiel über die Chat-Funktion. Eine souveräne An- und Abmoderation schafft außerdem einen strukturellen Rahmen und gibt Orientierung zum Ablauf. Ausschlaggebend sind Wortmeldungen. Sobald eine Person redet, sollten sich die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer ruhig verhalten und gegebenenfalls stumm schalten, damit es nicht zu ablenkenden Geräuschpegeln kommt.

Tipp: Das W.A.F. (Institut für Betriebsräte-Fortbildung) hat Checklisten für Betriebsratssitzungen veröffentlicht. Viele Punkte lassen sich auch in die digitale Planung und Umsetzung übertragen.

Ebenso die Rechtsgrundlagen für virtuelle Hauptversammlungen waren aufgrund der Corona-Pandemie offiziell verlängert worden.